Conni von bergfuehrer.com sprach mit dem Bergsport- und Outdoorfotografen Christian Pfanzelt über seinen Beruf, seine Leidenschaft und seine Erfahrungen am Berg.

Christian Pfanzelt, Jahrgang 1968, ist selbständiger Fotograf und seit seiner Jugend aktiver Bergsportler. Beides hat Christian Pfanzelt miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Auftragsarbeiten für die Bergsportindustrie, Actionfotografie und Bergsportmode sowie Landschaft-Stills. Ein weiteres Steckenpferd ist u.a. sein neuester Multivisionsvortrag „Rock’n Road America“. Christian Pfanzelt lebt mit seiner Frau Julia in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen.

Wie bist Du zur Fotografie gekommen?

Ende der Achtziger wollten alle Kletterer ins Yosemite Valley nach Amerika. Ich auch. Daher habe ich neben meinem damaligen Beruf als Zimmerer im Winter als Skilehrer gearbeitet, um mir die Kasse für diesen Trip zu finanzieren. Dadurch kam ich durch Zufall zur Skifirma K2, die im gleichen Gebäude wie die Firma Jansport – heute Tatonka – untergebracht war. Der Firmeninhaber von Jansport, Herr Schechinger, fragte mich damals, ob ich nicht Lust hätte, bei meinem USA-Trip für ihn ein paar Bilder zu machen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie eine Kamera in der Hand gehabt! Als Herr Schechinger uns für den USA-Trip mit so viel Equipment eindeckte, dass uns die Augen übergingen, waren meine anfänglichen fotografischen Zweifel wie weggeblasen (lacht). Für uns als Zwanzigjährige war die viele kostenlose Ausrüstung wie ein Sechser im Lotto.

… ein Auftrag, aber keine Kamera…

Und wie ging die Geschichte weiter?

Nun, ich hatte einen Auftrag, aber keine Kamera. Zuerst musste ich mir also eine Kamera kaufen. Es war eine Olympus OM110 mit einem 50-mm-Normalobjektiv. Mehr war finanziell nicht drin. Zu meiner Überraschung waren meine Bilder gleich im neuen Jansport-Katalog zu sehen. Durch diesen ersten Auftrag war ich natürlich voll motiviert und in der Folge konnte ich in diversen Bergsportmagazinen meine ersten Bilder veröffentlichen. Ich weiß noch sehr gut, wie im damaligen Klettermagazin „rotpunkt“ in den Achtzigerjahren das erste Mal in der Rubrik „Gallery“ ein Bild von mir erschien. Lustigerweise war dies kein Kletterbild, sondern eine amerikanische Schrottkarre, die ich in der Wildnis von Idaho in den USA fotografierte. Die erste mehrseitige Fotoreportage handelte dann von der ersten Snowboardbefahrung der Alpspitz Nordwand. An jenem Tag war auch der Radiosender Bayern3 mit einer Liveshow am Osterfelderkopf vor Ort. Dieser liegt direkt unter der Alpspitz Nordwand, sodass man diese hervorragend einsieht. Der Moderator kommentierte jeden unserer Schwünge durch die Nordwand live im Radio. Uns war das damals super peinlich (lacht).

… Landschaftsfotografie entschleunigt ungemein…

Du hast ja verschiedene Schwerpunkte, zum einen die Image-, zum anderen die Landschaftsfotografie. Was fasziniert Dich an der Landschaftsfotografie?

Landschaften zu fotografieren ist das totale Gegenteil von der Imagefotografie. Es werden nicht unzählige Motive an einem Tag durchgeschossen, sondern es ist ein Erlebnis der Ruhe und Bedächtigkeit. Nur du und das Landschaftsmotiv, allein mit der Natur und darauf bedacht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Vielleicht auch stundenlang auf das richtige Licht zu warten, bis die Zeit dafür reif ist, nur ein einziges Bild zu machen. Landschaftsfotografie entschleunigt ungemein und gibt mir Kraft und Energie für die etwas „schnelleren“ Aufträge.

Wie muss ich mir das vorstellen… gehst Du einfach raus und fotografierst „drauf los“ oder hast Du einen Plan für Deine Aufnahmen?

Es gibt genauso wie für die Imagefotografie auch für die Berg-und Landschaftsfotografie einen Plan. Wenn man z.B. ein bestimmtes Landschaftsmotiv im Sinn hat, dann muss man sich zuerst die Frage stellen, zu welcher Jahreszeit das sinnvoll ist? Nicht jedes Motiv ist gleich gut für Sommer und Winter geeignet. Dann sollte man sich über die Lichtverhältnisse zu bestimmten Uhrzeiten Gedanken machen. Hier helfen diverse Apps die dir den jeweiligen Sonnenstand schon im Vorfeld anzeigen, v.a. Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Da der Sonnenstand je nach Location unterschiedlich ist, sollte man auch zu verschiedenen Zeiten die Location ansteuern. Daher ist man nicht nur einmal dort um zu fotografieren, sondern mehrmals, was das Ganze sehr zeitaufwendig macht.

… zeitlose Motive…

Was willst Du mit Deinen Landschafts- und Bergmotiven einfangen?

Dieser Stil der Fotografie nennt sich auf meiner Webseite „FineArt“ und ist ganz bewusst darauf ausgerichtet, zeitlose Motive zu fotografieren, in denen man versinken kann, sich selbst wiederfindet oder die zum Träumen anregen. Bilder, die man sich gerne ins Wohn- oder Geschäftszimmer hängt um vom Alltag abzulenken oder sich zu motivieren, selbst wieder aufzubrechen, um die Natur zu erleben.

Woher nimmst Du die Inspiration für Deine Bilder?

Das Leben, die Natur, meine Frau, Freunde, Gespräche, Reisen, die Widrigkeiten mancher Shootings wie zu viel Licht oder zu wenig, schwierige Locations und die Energie, egal ob positiv oder negativ, die von Menschen und/oder Models ausgeht.

… whooouh, tolles Foto…

Wie ist das Deine eigenen Bilder zu sehen?

Zunächst einmal verbindet mich mit jedem Bild ein besonderes Erlebnis. Da geht es mir nicht anders als jedem Touristen, der seine Urlaubsbilder macht. Allerdings bin ich oft zu selbstkritisch.
Man sitzt oft auch lange an der Postproduktion der eigenen Bilder und verliert damit den nötigen Abstand zum eigenen Werk. Es dauert dann oft eine Weile und ich muss die Bilder weglegen, um deren Inhalt wieder richtig einzuordnen. Manchmal sehe ich irgendwo ein älteres Bild von mir und denke, whooouh, tolles Foto und freue mich. Es liegt dann wohl am fremden Umfeld, sein Werk dort zu sehen. Zuhause am Rechner würde ich beim Betrachten des gleichen Bilds anders reagieren. Dieser Abstand, egal ob räumlich oder zeitlich, ist also absolut notwendig, um sich selbst und seine Arbeit neu einzuordnen.

… pure Freude…

Du fotografierst auch viele Profikletterer. Wie läuft denn so ein Shooting ab?

Ich war zum Beispiel mit Hansjörg Auer am El Capitan im Yosemite Valley. Hansjörg machte dort die erste Groundup-Begehung – also ohne Auschecken von oben – der Route „El Niño“. Eine Route im unteren zehnten Schwierigkeitsgrad. Extrem steil und moralisch äußerst anspruchsvoll. Nach seiner erfolgreichen Begehung seilten wir zum Fotografieren von oben in die Wand und Hansjörg kletterte die Schlüsselseillänge nochmals. 40 Meter knallharte Kletterei, 700 Meter über dem Boden und nur vier Bohrhaken, d.h. die Runouts sind erheblich. Und was macht Hansjörg…? Er übersieht einen der vier Haken. Unglaublich bei dieser Ausgesetztheit und Schwierigkeit! Jedem anderen ginge dort der Arsch dermaßen auf Grundeis. Aber das ist eben Weltklasseniveau. Oder Angy Eiter (mehrfache Weltmeisterin und Weltcupgesamtsiegerin, Anm. d. Red.) zum Beispiel. Eine sehr weiche, ruhige und liebenswerte Person, fast zart möchte ich sagen. Und beim Klettern wird Angy so dermaßen zum Tier, das ist einfach atemberaubend. Wobei Angy auch im elften Grad klettert und nebenbei ein Lächeln auf den Lippen hat. Als Fotograf dies dann abzulichten, ist die pure Freude und vor allem solche Leistungen live erleben zu dürfen, das ist schon ein kleines Privileg.

Du selbst bist ja ein wilder Kletterer – bis zum zehnten Schwierigkeitsgrad. Wie hältst Du Dich so fit?

Nun ja (lacht), das ist die Summe vieler Umstände. Das Lebensumfeld muss passen. Da steht an erster Stelle meine Frau Julia, die selbst eine starke Kletterin ist und für mich Ruhepol und Motivator zugleich ist. Wir ergänzen uns diesbezüglich hervorragend. Eine gesunde Ernährung gehört genauso dazu wie regelmäßiges Training, die Lust an der Bewegung und der Wille, sich ab und zu auch mal zu „schinden“. Ein gewisses gesundheitliches Talent ist auch von Vorteil.

Steigst Du auch einmal in das Filmbusiness ein?

Ich stand zwar vor Kurzem für den Bayerischen Rundfunk vor der Filmkamera, aber dahinter sehe ich mich nicht.

Warum nicht?

Film ist mir zu schnelllebig, zu dynamisch. Am stehenden Bild fasziniert mich die Möglichkeit, länger in ein und demselben Motiv zu versinken. Einfach nur „Länge mal Breite“. Es gibt Motive, die kann man ewig ansehen.

Aber in Deinem aktuellen Vortrag „Rock’n Road America“ ist auch Filmmaterial zu sehen…

Richtig, aber das ist der Art des Vortrags als Multivisionsshow geschuldet. Da haben wir auch mit der Drohne gefilmt und das kommt bei den Zuschauern natürlich super an. Bei so einer abendfüllenden Show ist auch die Abwechslung und Dramaturgie wichtig. Eben der Wechsel zwischen der cineastischen Dynamik und der gewollten Statik eines einzelnen Bildes. Aber hier sprechen wir natürlich wieder von einem ganz  anderen künstlerischen Produkt in seiner Gesamtheit als Vortrag.

… Vordergrund macht Bild gesund…

Hast Du zum Abschluss noch ein oder zwei Tipps für den bergaffinen Hobbyfotograf?

Natürlich, gerne. Meine erste Kamera war nur mit einem 50-mm-Festbrennweitenobjektiv bestückt, hatte also kein Zoomobjektiv. Mit einer Festbrennweite zu fotografieren heißt, sich selbst bewegen zu müssen, oft den Standort zu wechseln und auf die Bequemlichkeit des Zooms zu verzichten. Dies schult das fotografische Auge und die Kreativität. Also mal weg mit dem Zoom und den ganzen Tag mit nur einer Brennweite fotografieren. Ein Objekt aus allen möglichen Lagen abzulichten. Die Ergebnisse sind erstaunlich!
Speziell für die Berg- und Landschaftsfotografie empfehle ich das „weiche Licht“, das in den frühen Morgenstunden und eben vor dem Sonnenuntergang die Szenerie in ein ganz anderes Ambiente taucht. Gerade wenn man auf Berghütten übernachtet lässt sich dies ja gut bewerkstelligen.
Ein alter Spruch für die Landschaftsfotografie lautet „Vordergrund macht Bild gesund“ – d.h. ein gutes Landschaftsbild ist aus drei Ebenen aufgebaut: Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund. Zumindest den Vordergrund sollte man sich ganz bewusst suchen und in den Bildaufbau mit einbauen. Für eine weit entfernte Bergkulisse, also der Hintergrund, sollte man sich im Vordergrund nach einem schönen Stein, einer Blume, einem Ast etc. umsehen und bodennah fotografieren. Dies verleiht dem Bild Tiefe und eine gewisse Räumlichkeit. Und wer ganz intensiv sucht, wählt auch noch bewusst den Mittelgrund als mittlere Ebene, z.B. einen See oder niedrigeren Bergrücken.

Vielen Dank für das Gespräch, Christian. Wir wünschen Dir weiterhin alles Gute.

Mehr über Christian Pfanzelt

Link zum TV-Porträt des Bayerischen Rundfunks „Alpen Donau Adria Magazin:
Der kletternde Fotograf Christian Pfanzelt

Webseite: www.christian-pfanzelt.de