Du liebst die hohen Berge? Du möchtest dir einen Traum erfüllen und auf den Mont Blanc steigen? Glückwunsch! Doch was musst du für die Planung wissen, um dein Ziel zu erreichen? Unser Experte und Bergführer Christian hat alle aktuellen und wichtigen Infos für dich.

Der Mont Blanc ist mit 4.810 m Höhe der höchste Berg der Alpen und schon allein deshalb ein beliebtes Ziel vieler Bergsteiger. Er ist auch für sich ein beeindruckender, freistehender Einzelberg. Um dieses Ziel zu erreichen, werden alle Disziplinen des Bergsports und eine gute Vorbereitung gefordert: Nicht nur eine solide Kondition und gute Akklimatisierung, sondern auch Felsklettern und Gehen über steiles Eis und Gletscher. Wenn alles klappt, wenn Wetter, Verhältnisse, die eigene Vorbereitung und die Menschen unterwegs passen, dann ist der Mont Blanc ein ganz großes Erlebnis. Das Gefühl, aus eigener Kraft immer höher zu steigen, frische Luft in die Lungen zu saugen und die unglaubliche Aussicht zu genießen, das erhebende Gefühl am Gipfel zu stehen – das vergisst man nie wieder.

Doch vieles hat sich in den letzten Jahren geändert, was für die Planung einer Mont-Blanc-Besteigung wichtig ist. Das sind einerseits neue Vorgehensweisen bei der Hüttenreservierung. Andererseits sind es die Folgen des Klimawandels – was einen anderen Ablauf der Tour erfordert.

Früher: Gedränge auf der Goûter Hütte

Der Mont Blanc ist ein begehrtes Ziel, was natürlich einen entsprechenden Besucherandrang nach sich zieht. Ich erinnere mich noch gut, wie früher der Gipfel überfüllt war mit Dutzenden von Bergsteigern, zweispuriges Gedränge am Bossesgrat und zum Bersten volle Hütten. Handys gab’s noch nicht. Man ist auf die Hütte aufgestiegen, in der Hoffnung, noch ein Bett zu bekommen. Als Bergführer hat man natürlich auch damals schon reserviert. Aber für die Mehrzahl der Bergsteiger wäre das unvorstellbar gewesen, man wollte ja spontan sein. Die alte Goûter Hütte war irgendwann den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Nach jahrelanger Bauzeit wurde sie 2013 neu eröffnet. Die neue, wirklich gelungene Hütte bot nun Platz für 120 Personen. Trotzdem kamen immer mehr Bergsteiger.

Viele, auch größere Gruppen, errichteten ganze Zeltstädte in Hüttennähe. Bei schlechtem Wetter und zum Toilettengang kamen sie dann doch auf die Hütte. Es gab Tage, an denen bis zu 300 Bergsteiger im Schuhraum am Boden und auf den Bänken sitzend die Nacht verbringen mussten. Die Zustände wurden unhaltbar. Nicht nur auf der Hütte gab’s Gedränge, sondern natürlich auch am Berg. Da wurde gedrängelt und getrödelt, es hat einfach keinen Spaß mehr gemacht. Gefährlich war dieser Massenandrang außerdem. Man konnte beobachten, dass gerade viele derjenigen, die ohne Reservierung plötzlich vor der Hütte standen, ganz generell nicht so gut im Planen waren. Sie brachten weder die richtige Ausrüstung noch das Können für die Tour mit. Somit explodierten auch die Unfallzahlen.

Heute: Ohne Hüttenreservierung kein Mont Blanc 

Vor vier Jahren wurde das grundlegend geändert. Die Bezirksverwaltung Haute Savoie hat eine Verordnung erlassen: Es dürfen nur noch Personen mit einer gültigen Hüttenreservierung und der erforderlichen Ausrüstung (mit Seil etc.) den Normalweg begehen. 

Das wird auch konsequent durchgesetzt! Deshalb wird auch auf dem Weg zur Goûter Hütte jeder durch einen Beamten auf eine gültige Hüttenreservierung überprüft. An dieser Stelle muss jeder vorbei. Wer nicht namentlich auf seiner Liste steht, wird gnadenlos zurückgeschickt. Außerdem ist regelmäßig eine Alpin-Polizeistreife am Berg unterwegs, die hart durchgreift. Seitdem ist die Besteigung des Mont Blanc, wenn man alles richtig macht, wieder eine absolute Traumtour. Auch die Unfallzahlen sind seitdem stark gesunken. 

Das Buchungssystem für die Hütten am Mont Blanc

Das Buchungssystem des französischen Alpenclubs öffnet üblicherweise Ende Januar. Bergführer haben schon ein paar Wochen früher Zugang zum Buchungssystem. Eine frühzeitige Buchung ist also sehr wichtig und funktioniert bis dato auch problemlos. Alle Gäste, die bei mir gebucht haben, haben bisher immer an ihrem Wunschtermin die entsprechenden Hüttenplätze bekommen. Meine Ressourcen sind allerdings begrenzt. In der Regel bin ich schon Ende September für das kommende Jahr ausgebucht.

Wer keinen Bergführer braucht und sehr flexibel ist, der bucht die Hütten kurzfristig telefonisch zwei Tage vor dem geplanten Aufstieg. Denn es sagen immer wieder Leute ab. Wer bis zum Vortag seine Reservierung absagt, bekommt die Anzahlung bis auf 5 € Verwaltungsgebühr zurück. Wenn man also nicht auf einen bestimmten Tag festgelegt ist, ist es nicht aussichtslos, noch ein Bett zu bekommen.

Für das Jahr 2023 sind die Hütten im Juni und Juli schon seit Anfang Januar komplett ausgebucht (siehe Bild).

Das Buchungssystem der Goûter Hütte am 29. Januar 2023.

Wir nehmen daher bereits jetzt Buchungen für 2024 an. Infos bekommst du per E-Mail unter info@bergfuehrer.com oder auf unserer Webseite www.bergfuehrer.com.

Folgen des Klimawandels

Klimawandel ist – zum Glück – in aller Munde und in den Alpen leider besonders deutlich zu spüren. Durch die Erwärmung, aber auch durch extrem trockene oder feuchte Perioden sind viele berühmte Touren heute gar nicht mehr möglich. Inzwischen ist es keine Seltenheit, dass von der imposanten Eiswand nur noch ein steiler Geröllhaufen mit Dauersteinschlag übrig ist. Oder wie z. B. der Bonattipfeiler im Mont-Blanc-Gebiet, den ich noch in den 80er-Jahren mit Genuss geklettert bin, ist komplett abgebrochen und ins Tal gedonnert. Bei anderen Touren, wie z. B. auf den Mont Blanc, kann man sich den veränderten Bedingungen anpassen, muss aber dadurch manches anders angehen als noch vor einigen Jahren.

Klimawandel und seine Bedeutung fürs Bergsteigen

Die Erwärmung der Atmosphäre führt nicht nur zum Schmelzen der Gletscher, sondern auch zum Rückzug des Permafrosts. Das erhöht die Steinschlaggefahr und hat natürlich einen direkten Einfluss auf die Spaltensturzgefahr, da mit der nach oben wandernden Nullgradgrenze der Schnee nicht mehr durchfriert. 

Auch nehmen die Gletscher durch die hohen Temperaturen nicht nur an Fläche, sondern vor allem auch an Dicke ab. Viele Anstiege werden so erheblich steiler. Hier sind z. B. die Flanke am Mont Maudit zu nennen, die Querung vom Mont Maudit zum Col de Brenva – beides zu passieren bei der Mont-Blanc-Überschreitung – und auch einige Anstiege am Bossesgrat am Normalweg. Die genannten Hänge sind nicht nur viel steiler geworden, sondern werden seit einigen Jahren, vor allem später in der Saison, auch aper und man ist in sehr steilem Blankeis unterwegs. 

Spalten und steiles Eis

Die Überschreitung wird seit einigen Jahren von erfahrenen Bergführern aus Sicherheitsgründen nur noch mit maximal einem Gast gemacht, der Normalweg mit maximal zwei Gästen. Die Mont-Blanc-Überschreitung ist eine meiner Lieblingstouren, die ich mittlerweile nur noch sehr früh in der Saison angehe, wenn noch ausreichend Schnee liegt und die Verhältnisse überhaupt passen. Vor drei Jahren erinnere ich mich, dass der Bergschrund in der Maudit-Flanke auf 10m senkrechtes Eis bot und nur mit zwei Steileisgeräten zu besteigen war. Wenn dann auch noch die 200m lange Querung zum Col de Brenva blank ist, kann man hier nur noch über den Maudit-Gipfel gehen, was ganz erheblich mehr Zeit und Körner kostet. Vorletztes Jahr im Juni dagegen waren die Verhältnisse prima und die Tour sehr gut zu machen.

Im Juni 2021 kurz hinter dem Col du Mt. Maudit auf dem Weg zum Col de Brenva. Hier hatten wir noch genug Schnee und eine gute Spur um die Querung sicher am kurzen Seil zu bewältigen.

Berüchtigt: Steinschlag im Grand Couloir

Auch die Auswirkungen am Normalweg, über die Goûter Hütte, sind nicht mehr zu übersehen und zum Teil sehr gefährlich. Am einschneidendsten sind die Folgen sicherlich am Grand Couloir zu spüren. Das Grand Couloir ist eine Rinne, die sich vom Grat, auf dem die Goûter Hütte steht, bis hinunter auf den Bionnassay Gletscher zieht. Das Grand Couloir muss auf dem Hin- und auf dem Rückweg gequert und kann nicht umgangen werden. Früher war das Couloir durch eine Schneeschicht und verbindendes Eis geschützt. Somit war der Steinschlag mit der tageszeitlichen Erwärmung gering. Mittlerweile ist die Schneeschicht im Hochsommer weg. Es kommt im ganzen Einzugsbereich lose aufliegender Schotter und Gesteinsbrocken zum Vorschein, die die querenden Bergsteiger bedrohen.

Diese Querung hat sich zum traurigen Unfallschwerpunkt entwickelt. In den letzten Jahren wurde sogar mehrmals die Goûter Hütte behördlich geschlossen und der Weg durch das Couloir gesperrt. Zu groß wurde die Gefahr durch den Steinschlag. Es ist unvorstellbar, was oft im Couloir abgeht. Zur falschen Zeit hat man dort einfach nichts zu suchen! Es herrscht akute Lebensgefahr!

Dieser gruselige Youtube-Beitrag erübrigt eigentlich jede weitere Diskussion.

Neuer Tourenplan für den Normalweg 

Doch wie könnte man die Gefahren minimieren? Eine Möglichkeit habe ich gefunden und meine Tourenplanung für den Normalweg auf den Mont Blanc angepasst und optimiert. Grundsätzlich gehe ich nur noch in der Zeit von Anfang Juni bis Mitte Juli auf den Mont Blanc. Seit 2023 öffnet die Goûter Hütte sogar schon Mitte Mai. So früh in der Saison hat man hat die größten Chancen, dass noch genug Schnee im Couloir liegt – somit ist der Steinschlag minimal. Als zweite Maßnahme plane ich die Querung des Grand Couloir in den Morgenstunden. Zu dieser Tageszeit scheint die Sonne noch nicht in den Bereich des Couloir und schürt noch nicht den Steinschlag.

Mit dieser Strategie ist die Besteigung des Mont Blanc zwar nicht mehr in zwei Tagen möglich. Aber dafür ganz erheblich sicherer!

Am ersten Tag Aufstieg zur Tête Rousse Hütte. Am nächsten Morgen geht’s nach einem kurzen Frühstück kurz vor Sonnenaufgang los. So können wir das Couloir passieren, noch bevor die Sonne angefrorene Steine löst, die zur Gefahr werden können. Auf der Goûter Hütte können wir dann einen Kaffee trinken. Frisch ausgeruht machen wir uns an die letzten 1.000 Höhenmeter zum Gipfel. Ganz ohne Hektik, denn wir haben den ganzen Tag Zeit. Wir verbringen den Rest des Tages auf der sehr gemütlichen Goûter Hütte, genießen die grandiosen Ausblicke und übernachten dort. Am nächsten Morgen steigen wir nach dem Frühstück ab. So können wir früh genug das Couloir queren. Der Abstieg ist nach der Nacht auf der Hütte auch nicht mehr so weit und anstrengend. Wir sind bereits mittags im Tal und können ggf. noch heimfahren.

Soweit die Theorie meiner Planung, die natürlich gutes Wetter bevorzugt. Falls es bewölkt und das Couloir auch zu anderen Tageszeiten gut zu queren ist, können wir variieren und schon am ersten Tag zur Goûter Hütte weitergehen. Das ermöglicht uns, ein mögliches Wetterfenster in der Nacht zu nutzen und am nächsten Morgen sehr früh auf den Gipfel zu gehen. Ist es am Nachmittag bedeckt, ist es durchaus möglich noch ins Tal abzusteigen. Wenn man mit Bewölkung und guten Verhältnissen im Couloir rechnen kann, hat man sogar noch eine zweite Gipfelchance am dritten Tourentag. Allerdings sitzt dann eine Heimfahrt nicht mehr drin. Sollte nachmittags dann doch die Sonne scheinen, wird der Reservetag genutzt, den ich hier immer einplane und noch eine Nacht auf der Goûter Hütte verbracht.

So sehen gute Verhältnisse aus: Querung des Grand Couloir im Juni 2021 am frühen Vormittag. Das lose Geröll oben im Couloir ist noch mit Schnee bedeckt und die Sonne erreicht noch nicht die aperen Felsen oberhalb. Ideale Bedingungen, um sicher und ohne Steinschlag passieren zu können.

Gelegentlich gibt es auch später als Mitte Juli, im August und September noch gute Verhältnisse, aber die Wahrscheinlichkeit dazu ist sehr viel geringer. Stark zunehmende Steinschlagggefahr, hochsommerliche Gewitterneigung am Nachmittag und geringe Schneelage machen die Besteigung viel öfter unmöglich als früher im Jahr. Im Hochsommer plane ich lieber andere Touren in den heimischen Bergen in Tirol oder im Werdenfelser Land.
Manchmal gibt es im September, wenn schon wieder etwas Schnee gefallen ist und die Temperaturen sinken, noch einige Gelegenheiten für eine Mont-Blanc-Besteigung, das will ich hier nicht verschweigen.

Was braucht es noch für den Mont Blanc?

Die beste Aussicht auf ein schönes Erlebnis hat man natürlich am Seil eines Bergführers. Trotzdem sollte man auch dann etwas Bergerfahrung mitbringen, vor allem Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und eine gute Kondition. Ein durchschnittlich sportlich aktiver und normalgewichtiger Mensch kann die Tour bei guter Akklimatisierung schaffen. Meinen Gästen empfehle ich immer, drei Tage vor der geplanten Mont-Blanc-Besteigung, die Eingeh- und Akklimatisationstouren in der Monte Rosa mitzumachen. Dort werden alle wichtigen technischen Fähigkeiten, Gehen mit Steigeisen und Pickel, Anseilen und Gehen am Gletscher, sowie Klettern mit Steigeisen nochmal gezeigt und geübt. Außerdem besteigen wir zwei Gipfel über 4.000 m. Danach weiß man, was am Mont Blanc ungefähr auf einen zukommt und auch der Bergführer kennt seine Gäste und kann sich entsprechend darauf einstellen. Außerdem ist es auf der italienischen Seite der Monte Rosa sehr schön!😊 Weitere Infos findest du hier.

Auf Vorbereitungstour an der Vincent Pyramide, 4.215 m, im Monte Rosa Gebiet.

Mehr zum Thema Mont Blanc

Informationen zu den Hütten am Mont Blanc und das Buchungsportal findest du hier.
Hier noch ein paar Hinweise zur Tourenplanung von auf der Webseite des französischen Alpenclubs.
Der Film über das Grand Couloir von Petzl ist auch sehr eindrucksvoll.

Zum Autor

Christian Hessing, staatlich geprüfter Berg & Skiführer, ist seit über 25 Jahren jedes Jahr mehrmals mit Gästen auf dem Mont Blanc und verbringt die ersten sechs bis acht Wochen der Sommer- und einige Wochen der Skisaison im Mont-Blanc-Gebiet und im Wallis. Außerdem war er 20 Jahre als Ausbilder in der Deutschen Bergführerausbildung aktiv.