Conni von bergfuehrer.com im Gespräch mit dem Autor und Multitalent Günter Durner über die Entstehung eines neuen Kletterführers.

Günter Durner ist Betriebswirt, Management-Trainer, staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und Canyoning-Führer. Er ist Berg-, Landschafts- und Sportfotograf und Autor zahlreicher Publikationen zu bergsportrelevanten Themen und Autor von vielen Freizeit-, MTB- und Kletterführern, die er im eigenen AM-Berg Verlag vom Konzept bis zum Lektorat selbst produziert und auflegt. Als Bergführer ist er mit Leib und Seele im gesamten Alpenbogen unterwegs und kann darüber hinaus auf eine Reihe von Erstbegehungen bis zum 9. Schwierigkeitsgrad zurückblicken. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin in Garmisch-Partenkirchen.

Günter, ein Kletterführer sieht nach viel Arbeit aus. Wie entsteht ein Kletterführer bei Dir?

Um einen erfolgreichen Kletterführer zu produzieren sind zahlreiche Schritte, jede Menge Know-how und viele verschiedene Werkzeuge notwendig. In einem Kletterführer stecken sehr viele Informationen, die übersichtlich und umfassend aufbereitet und in ein schönes Layout verpackt sein wollen. Natürlich soll er auch Lust aufs Klettern machen. Kaum jemand macht sich eine Vorstellung, wie aufwendig und komplex es ist, aus einem weißen Blatt Papier ein fertiges Buch, das im Buchhandel verfügbar sein soll, zu erstellen. (Anm.d.Red.: Als Grafikerin weiß ich das und ziehe den Hut!)

Was brauchst Du alles für einen Kletterführer?

Ich muss mir natürlich erstmal überlegen, welches Klettergebiet ich vorstellen möchte. Dann brauche ich von allen Felswänden hochauflösende, detailreiche, gestochen scharfe Wandbilder. Außerdem lege ich großen Wert auf gute, hochwertige KIetterfotos, die entscheidend sind für das „Look & Feel“ des Buches. Dann muss ich alle Routeninformationen, also eine Routenliste, Länge, Schwierigkeitsgrade recherchieren, zusammentragen und/oder selbst vor Ort erarbeiten. Gebiets-, Routen- und Anfahrtsbeschreibungen müssen in Worte gefasst und entsprechende Landkarten wie Übersichtskarten, Anfahrtspläne erarbeitet werden.

Bei der Produktion, sprich vom Layoutkonzept über die Bildbearbeitung bis zum Piktogramm, sind Kreativität und technisches Know-how gefragt. Dazu benötige ich natürlich auch das entsprechende technische Profiequipment, egal ob Vollformatkamera oder Software.

Und natürlich braucht es viel Enthusiasmus, Liebe zum Detail, Geduld – auch in meinem Umfeld – und Kaffee, die unzähligen Arbeitsstunden durchzuhalten.

Auch die meisten Kletterbilder produziert Günter selbst.

Puh, ein Mammutprojekt…

Ja, die Arbeit, am Kletterführer zu schreiben, ist meilenweit von der romantischen Vorstellung entfernt, etwas Klettern zu gehen und dabei die ein oder andere Information aufzunehmen und dann nebenbei das Ganze zwischen zwei Buchdeckel zu pressen. Um einen Kletterführer herzustellen bedarf es einer ganz anderen Art Klettern zu gehen und zwar die, dass nicht der Spaß am Klettern im Fokus steht, sondern das Sammeln von Informationen und Daten.

Die überwiegende Arbeitszeit verbringe ich leider nicht am Felsen, sondern am Computer, um die gewaltige Menge an Daten zu sichten, zu verifizieren, aufzubereiten und in Form zu bringen. Das ist für mich oft eine größere Herausforderung, als eine schwere Kletterroute zu begehen. Ich habe einen  sehr hohen Anspruch an Qualität und mein Streben nach Perfektion führt dazu, dass das Projekt Kletterführer erst fertig ist, wenn ich wirklich zu 100% zufrieden bin.

Was motiviert dich zu diesem Kraftakt?

Trotz aller Mühen ist es meine Begeisterung fürs Klettern und mein Bedürfnis, diese Begeisterung zu teilen und weiterzugeben. Leider kann man, auch wenn man noch so gewissenhaft und gut arbeitet, es nicht allen recht machen. Es gibt immer welche, die etwas zu kritisieren haben. Aber das spornt mich an, das Ganze bei einer neuen Auflage besser zu machen.

(Anm.d.Red.: Die meisten Kletterführer von Günter Durner wurden schon mehrfach aufgelegt, so z.B. der Kletterführer Ötztal in der 4. Auflage und es sind nur noch wenige Exemplare verfügbar. Wir haben auch schon über seinen Kletterführer „Sportklettern Innsbruck“ hier im Blog berichtet.)

Wie sind nun die einzelnen Schritte?

Der erste und wichtigste Schritt ist ein stimmiges Konzept für den Kletterführer zu erstellen. In diesem sind alle Aspekte detailliert aufgelistet und genau beschrieben, was, wann und wie gemacht werden muss. Umso genauer das Konzept, desto besser ist die Umsetzung. Eigentlich ist das Ganze nichts anderes als ein Projektmanagement.

Der zweite Schritt ist die „Vorort-Recherche“. Hier sammle ich alle relevanten Informationen und Daten wie Zustiegszeit, Routenlänge, Schwierigkeitsgrade, GPS-Koordinaten und vieles mehr. Außerdem erstelle ich Wand- und Kletterbilder.

Woher nimmst Du die ganzen „technischen“ Informationen über die Routen, Namen, Erschließer etc.?

Meine Quellen sind hauptsächlich die Locals, Climbers Paradise und die TVBs (Tiroler Tourismusverbände, Anm. d. Red.), die sind ja auch z.B. beim Innsbrucker und Ötztaler Kletterführer die Auftraggeber.

Du bist ja mittlerweile bekannt für Deine guten Foto-Topos, dem Herzstück Deiner Kletterführer. Wie machst Du das?

Die Qualität eines Foto-Topos hängt davon ab wie gut das Wandbild ist. Und das ist die größte Herausforderung. Eine Wand so zu fotografieren, dass man daraus Foto-Topos erstellen kann, ist viel schwerer als man meint. Es kommt vor allem darauf an, aus welcher Perspektive die Wand fotografiert wird. Der Nutzer will ja vor Ort eine möglichst realistische Darstellung haben.

Die Foto-Topos – Günters Spezialität.

Die Lichtverhältnisse müssen ebenso passen. Schönes, sonniges Wetter ist ungünstig, weil dann die Schatten zu hart sind. Büsche und Bäume vor einer Wand, ein steiler, abschüssiger Wandfuß usw. erschweren auch die Abbildung der Wand. Ich mache meist mehrere hundert Bilder von einer Wand. Das geeignete Wandbild wird dann mit den Routen, Umlenkungen, Standplätze und Nummerierungen ergänzt.

Und die Kletterbilder machst Du auch selbst?

Ja, soweit es mir irgendwie möglich ist, fotografiere ich selbst. Ich achte bei der Bildsprache darauf, dass die Bilder möglichst viel über das Gebiet aussagen. Auf den Bildern soll z.B. erkennbar sein, um was es sich bei den Touren handelt, wie der Fels und die Landschaft aussieht. Ist es eher schattig oder sonnig, ist der Felsen im Wald oder im freien Gelände? Und natürlich sollen die Kletterbilder auch Lust aufs Klettern machen. Ein Kletterführer ohne schöne Bilder ist wie eine Route ohne Bolts.

Wie geht’s dann weiter?

Sobald die Foto-Topos und Bilder fertig sind, werden die Gebiets-, Routen- und Anfahrtsbeschreibungen, die Karten, GPS-Daten und sonstigen Infos zusammengestellt. Alles zusammen fließt dann in das Layout des Buches ein. Nachdem jedes Gebiet so seine Eigenheiten hat und jeder Klettergarten unterschiedlich groß ist, muss das Layout oft angepasst werden. Ganz nach dem Designleitsatz „form follows function“.

Dann folgt die Kontrolle, dazu werden die Infos von „Locals“ überprüft, ergänzt bzw. korrigiert. Dieser Prozess kann ziemlich lange dauern und ist oft sehr nervenaufreibend. Immerhin müssen zahlreiche Qualitätsmerkmale besprochen, entschieden und erfüllt werden. Wenn alle diese Hürden genommen sind, kann der Kletterführer endlich in Druck gehen. Aber trotz aller Anstrengungen… mir macht die Arbeit unglaublich viel Spaß. Wenn der eine Kletterführer fertig ist, denke ich schon wieder über das nächste Projekt nach.

Vielen Dank für das Gespräch, Günter. Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und Energie für Deine Projekte!